Der Österreichische Kultur-Service (ÖKS) als Ort der gelebten Kultur- und Bildungspolitik
Obwohl eher anarchistisch, in Wahrheit bloß individualistisch gestrickt, suchte ich bereits während meines Studiums Kontakt mit der Österreichischen Kulturpolitischen Gesellschaft. Sehr im Unterschied zu heute gingen damals von dieser SPÖ-dominierten Vereinigung von führenden Politiker*innen, Künstler*innen und an Kunst und Kultur Interessierten wichtige Impulse zur Stimulierung des kulturpolitischen Diskurses aus. Kaum ein führender Politiker, egal aus welchem Politikfeld, kam damals darum herum, sich an der kulturpolitischen Diskussion zu beteiligen (So sprach sich Bruno Kreisky immer wieder für eine „durchaus radikale Kulturpolitik“ aus). Kulturpolitik als umfassende Gesellschaftspolitik, das war die Losung, in der Hoffnung, auch und gerade mit künstlerischen Mitteln einen umfassenden Reformprozess in der österreichischen Gesellschaft auslösen zu können.
Die österreichische Kulturpolitische Gesellschaft steht bis heute in enger Beziehung zu ihrer Deutschen Schwesternorganisation, die über ein eigenes Forschungsinstitut verfügt und so – im Unterschied zu Österreich – wesentliche empirische Evidenzen zur kulturpolitischen Entscheidungsfindung beizutragen vermag.
Eine Ministerin in einem schrottreifen Auto auf dem Weg zu einer kulturpolitischen Diskussion
Zumindest einmal im Jahr trafen sich die deutschen und österreichischen Kolleg*innen zum Erfahrungsaustausch. So auch 1986, als eine kleine Abordnung aus Österreich nach Memmingen in Bayern aufbrach. Ich hatte die Ehre, mit meinem schrottreifen Volvo die damals amtierende Ministerin für Unterricht und Kunst Hilde Hawlicek zum Veranstaltungsort und wieder zurück zu kutschieren. Auch meine damalige Freundin war mit von der Partie. Sie muss Hilde Hawlicek gesteckt haben, dass ich – gerade mit dem Studium fertig geworden – auf Arbeitssuche bin. Und so fand ich mich bereits wenige Wochen nach dem Treffen in Memmingen in den fürstlichen Amtsräumen ihres Kabinettchefs Josef Kirchberger im Palais Starhemberg wieder, der mich fragte, ob ich nicht eine kleine Studie zu privatem Kunstsponsoring verfertigen wolle.
Es war das just in der Zeit als z.B. der damalige Wiener Bürgermeister (und frühere Kulturstadtrat) Helmut Zilk den Unternehmer Michael Erben dazu motivierte, als Sponsor für das Wiener Schauspielhaus aufzutreten, um so eine breitere Diskussion um privates Kunst- und Kulturförderengagement auszulösen (1987 gab Finanzminister Ferdinand Lacina dazu einen „Sponsorerlass“ heraus, der bis heute die Grundlage der steuerlichen Behandlung privaten Engagements bildet.)
Ich fühlte mich geehrt und sagte zu. Als mich Kirchberger fragte, wieviel das kosten würde, antwortete ich – vom Ambiente offensichtlich etwas eingeschüchtert zögernd: Tausend Schilling? Na, etwas mehr darf es schon sein, meinte er daraufhin. Wir einigten uns auf dreitausend und ich trug erstmals Informationen aus einer Reihe europäischer Länder zusammen, um so Entscheidungsgrundlagen für eine spezifisch österreichische Lösung zu schaffen.
Kurz nach der Abgabe der kleinen Studie erreichte mich der schon im letzten Blogbeitrag erwähnte Anruf von Wolfgang Unger, dem Leiter der Literaturabteilung des Unterrichts- und Kunstministers. Als Vertreter der Kunstsektion war er auch mit den laufenden Aktivitäten rund um den Kulturpolitischen Maßnahmenkatalog befasst. Er fragte mich rundheraus, ob ich nicht die Leitung des Österreichischen Kultur-Service übernehmen wolle.
Ich hatte von dieser Einrichtung zuvor noch wenig gehört. Vage erinnerte ich mich noch an einen Besuch beim Gründer Herbert Gras, bei dem ich mich als junger Lehrer über die Möglichkeiten des Zusammenwirkens erkundigt habe.
Mein Beginn als Geschäftsführer des ÖKS: Na, dann probieren wir es halt noch einmal
Nachdem er mir auch noch das attraktive Gehalt genannt hatte, sagte ich einfach: Ja. Was sich im Nachhinein als ein Fehler herausstellen sollte. Denn erst als ich meine Tätigkeit als Geschäftsführers begonnen hatte, sollte mir klar werden, dass ich aus der Sicht des Ministeriums in erster Linie einen Job als Masseverwalter eines maroden Unternehmens antreten sollte.
Dazu eine kurze Vorgeschichte: Im Rahmen der schon mehrfach angesprochene kulturpolitische Hochzeit entlang der Schwerpunkte Demokratisierung, Transparenz und Objektivierung (vor allem der Fördervergaben) wurde 1974 erstmals das ifes-Institut damit beauftragt, das kulturelle Verhalten der Österreicher*innen zu erheben (Ifes (1975): Grundlagenforschung im kulturellen Bereich, Wien). Die fertige Studie konstatierte weitreichende Defizite im kulturellen Verhalten (das traute man sich damals noch zu konstatieren). Diese ernüchternden Befunde brachten den amtierenden Unterrichts- und Kunstminister Fred Sinowatz zusammen mit seiner Entourage dazu, einen Kulturpolitischen Maßnahmenkataloges zu entwickeln (erstmals veröffentlicht im Kulturbericht 1975)….
Den Blogbeitrag in voller Länge und weitere Publikationen von Michael Wimmer finden Sie auf Michael Wimmers Kulturservice!
Hier geht’s direkt zum Originaltext!
Bild: Logo ÖKS/ Michael Wimmer
LETZTE BEITRÄGE
- Hilfe, die Retter nahen
- Kunst, Kultur und Grenzen – Warum Grenzen für ein lebendiges Zusammenleben notwendig sind
- Alles neu macht der Mai – Eine andere Zukunft des Kulturbetriebs ist möglich
- Hype um Chat GPT
- Die Autonomie der Kunst
- Liberale Bürgerlichkeit, hedonistische Massendemokratie oder antidemokratischer Autoritarismus
- Dürfen die das?
- Kulturpolitik in Zeiten des Krieges
- „Das Einzige, was uns zur Zeit hilft, das sind Waffen und Munition“
- Stehen wir am Beginn eines partizipativen Zeitalters? (Miessen)