Die Grünen im Spannungsverhältnis zwischen Natur und Kultur
Mit dem Abgang von Ulrike Lunacek als Staatssekretärin für Kunst und Kultur haben die Grünen noch einmal evident gemacht, dass sie mit diesem Politikfeld nicht im Reinen sind. Dabei wäre eine Zusammenschau von öko- und kulturpolitischen Anliegen fast schon so etwas wie ein aufgelegter Elfmeter, um als wirkmächtiger Akteur gesellschaftlicher Veränderung aufzutreten. In einem larmoyanten Beitrag hat ihr langjähriger Kultursprecher Wolfgang Zinggl diese Leerstelle als Strukturproblem der Grünen bestätigt. Seine Einschätzung, dass mit Lunacek eine Diplomatin mit der Überzeugung angetreten sei, „dass ein großes Herz und ein redliches Bemühen reichen (würden), um in der Kulturpolitik die vielen lieben, bunten und lustigen Kreativlinge zufriedenzustellen und gleichzeitig auch noch Reformen zu setzen“ mag allerdings auch dem Umstand geschuldet sein, dass mit dem Scheitern der Liste Pilz auch seine eigene politische Karriere zu einem Ende gekommen zu sein scheint.
Mit ihrem gesellschaftspolitischen Anliege ist es unverständlich, dass den Grünen bislang die Kulturpolitik kein dringendes Anliegen war. Immerhin waren Künstler*innen von Beginn an namhaft am Aufbau dieser Bewegung beteiligt (Anti-AKW, Hainburg,…). Und auch im letzten Wahlkampf hat der Kulturbereich angesichts einer selbstzerstrittenen SPÖ große Hoffnungen in den parlamentarischen Wiedereinzug der Grünen gesetzt.
Wer Natur sagt, muss auch Kultur sagen
Zu kurz kam da immer wieder ein grundsätzlicher Aspekt, wonach das zentrale Anliegen der Grünen zum Schutz der Natur unmittelbar an die kulturelle Verfasstheit der Menschen gebunden zu sein scheint: Frei nach dem Motto „Wer Natur sagt, muss auch Kultur sagen“ müssten sich die Grünen eigentlich als eine Kulturbewegung par excellence verstehen, um daraus nicht nur ökologische sondern auch die längst überfälligen kulturpolitischen Konsequenzen zu ziehen.
Warum das bislang nicht gelungen ist (oder gar nicht erst versucht wurde), darüber kann ich an dieser Stelle nur spekulieren. Vielleicht liegt es ja an einem allzu affirmativen Naturverständnis, das die Genese der Grünen begleitet. Danach wäre es die Kultur gewesen, die die Menschen zu ihrem Schaden von der Natur entfernt hätte. In einer propagierten Kehrwende gälte es, sich nochmals auf natürliche Bestimmung des Menschen zu besinnen und dabei möglichst viel an kulturellem Ballast abzuwerfen. Dann würde gelten: Nur keine Kulturpolitik ist eine gute Kulturpolitik……………..
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Bild: unsplash/emrecan arık CC BY-NC-SA.
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