Hilfe, die Retter nahen
Sie treten zuletzt gehäuft auf, die selbsternannten Retter des Klassischen Kulturbetriebs. Dafür schwingen sie sich auf zu einer Fundamentalkritik, die den staatlich (mit)finanzierten Kulturinstitutionen den Hort ausmachen, in dem sich all das zusammenbraut, was die Zeichen der Zeit nicht erkennen will: Entlang voyeurhaft-genüßlich ausgebreiteter Fallbeispiele wird erzählt von der Aufrechterhaltung überkommenen undemokratischen Hierarchien, wo ungebrochen Diskriminierung und Frauenfeindlichkeit dominieren, wo man sich standhaft der technologischen Errungenschaften verweigert und wo man bestenfalls alibihaft den krisenhaften Zustand der Welt antizipiert und damit den Schein einer vergangenen Epoche aufrecht zu erhalten sucht, die uns heute nichts mehr zu sagen hat.
Auf der Grundlage solch vernichtender Einschätzungen werden am Ende gerne Forderungskataloge und Handlungsanleitungen hinzugefügt, mit deren Befolgung es gelingen sollte, den (staatlich finanzierten) Kulturbetrieb noch einmal ins Zentrum gesellschaftlicher Dynamiken zu rücken. So sollten sie Auslassungen des Kulturmanagers Fabian Burstein gelesen werden, der vor einem Jahr den Kulturbetrieb mit seiner „Eroberung des Elfenbeinturms – Streitschrift für eine bessere Kultur“ aufzurütteln versucht hat. Und in diesem Geist agiert wohl auch der Kulturjournalist und Kulturberater Axel Brüggemann, der mit seiner Kritik „Die Zwei-Klassik-Gesellschaft“ angetreten ist, das Ruder noch einmal herumzureißen.
Als theoretisches Unterfutter dient ihm der Gegensatz zwischen einer „sterbenden“ und einer „letzten“ Generation. Während erstere alles dran setzt, den Kulturbetrieb genau so beizubehalten wie er angeblich immer schon war, seien zweitere in einer Wirklichkeit angekommen, die in ihrer umfassenden Krisenhaftigkeit selbst so dramatisch geworden sei, dass sie einer künstlerischen Überhöhung nicht mehr bedürfe. Allenfalls könnten Versatzstücke noch dafür genutzt werden, um kurzfristig Aufmerksamkeit zu erregen. Aber insgesamt vermag der Kulturbetrieb – so Brüggemanns These in seiner aktuellen Verfassung – nichts mehr zur Lösung der anstehenden Problemlagen beizutragen.
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Bild: Die zwei Klassik Gesellschaft/Axel Brüggemann©/Michael Wimmer
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