„Kulturpolitik zur Wahl“ oder Gelebte Kulturpolitik als Beitrag zur Errichtung einer rechten kulturellen Hegemonie
Es musste ja kommen. Bereits in ihrer ersten Wortmeldung in der Podiumsdiskussion „Kulturpolitik zur Wahl“ beschwor die Kultursprecherin der Neuen Volkspartei Maria Großbauer einmal mehr die „Kulturnation Österreich“, die es zu verteidigen gälte. Das beste Mittel dazu wäre, die Kinder bereits in der Volksschule mehr singen zu lassen. Ansonsten drohe ein weiteres düsteres Ende des Landes der „Sänger und Geiger“ (Anton Wildgans). Dass sich die Erfindung der „Kulturnation Österreich“ dem Austrofaschismus verdankt und dem österreichischen Konservativismus bis heute einen antidemokratischen Bias verleiht, hat Großbauer dann nicht mehr hinzugefügt.
Das Interesse vor allem der freien Kulturschaffenden war groß zu erfahren, welche kulturpolitischen Schwerpunkte die Vertreter*innen der wahlwerbenden Parteien diesmal vorbringen würden. Und so prasselten auf die rund hundert Besucher*innen die politische Antizipation von vielfältigen Vorschlägen aus der Szene ein, die von der Transparenz und Planbarkeit bei der Fördervergabe, damit verbundener Bürokratieabbau, jährliche Valorisierung und Mehrjährigkeit der Förderverträge, Erhöhung der Fördermittel bis hin zu einer Museumsreform samt der Einführung von Kollektivverträgen für die dort Beschäftigten reichten.
Bei einer solch euphorischen Auflistung von möglichen/notwendigen Maßnahmen konnte die naheliegende Frage, warum vieles von dem nicht schon längst passiert sei und warum ausgerechnet eine nächste Bundesregierung das in Angriff nehmen würde, schon einmal aus dem Blick geraten. Stattdessen stellte sich zunehmend der Verdacht ein, bei Veranstaltungen dieser Art handle es sich um ein Ritual, das bis in die Wortwahl in regelmäßigen Abständen wiederholt werden muss, um sich gegenseitig zu versichern, dass Kultur ja ohnehin noch auf der politischen Tagesordnung steht.
Während Großbauer vor allem konservative Reflexe bediente (für die im Publikum wohl keine allzu große Nachfrage herrschte) begann der SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda immerhin mit einer Analyse der politischen Entwicklung Österreichs in Richtung „Orbanisierung“. Daraus entwickelte er im Laufe des Abends aber kein auch nur halbwegs schlüssiges kulturpolitisches Konzept, das in der Lage wäre, dem Verlust der kulturellen Hegemonie an rechten Kräften etwas entgegenzusetzen. Zumindest in Ansätzen grundsätzlicher wurde es nochmals mit der Vertreterin der Grünen Eva Blimlinger, die auf die fundamentalen Änderungen auf dem Arbeitsmarkt hinwies. Diese würden dem Kulturbetrieb eine beispielgebende Vorreiterfunktion bei der Eliminierung traditioneller Beschäftigungsverhältnisse zuweisen. In einer solchen Logik würden sich immer mehr Kulturarbeiter*innen in prekären Verhältnissen wiederfinden, ohne dass dafür Kulturpolitik bislang auch nur annähernd eine befriedigende Antwort gefunden hätte.
Die soziale Lage der meisten Kulturschaffenden ist verheerend – die Kulturpolitik beschränkt sich auf eine Symptombekämpfung
A propos Prekarität: Nach einer ersten Runde, in der die Kultursprecher*innen die Erwartungen und Wünsche der Szene in Form von Versprechungen zurückspiegelten („Nennen Sie bitte ihre drei wichtigsten drei Vorhaben“), erinnerte Yvonne Gimpel von der IG Kultur an die Ergebnisse der jüngst veröffentlichten Studie zur sozialen Lage der Künstler*innen. Diese hatte ein nachgerade katastrophisches Bild zu den Einkommensverhältnissen von Menschen in künstlerischen Berufen ergeben. Mit einem Medianeinkommen von Euro 4.500.– pro Jahr können die wenigsten von ihren künstlerischen Einkünften leben. Damit verbunden ist ein zunehmend inadäquat geknüpftes Netz sozialer Sicherung, das schnurstracks in die Altersarmut führt. Maria Kollmann vom Kulturrat wies dazu auf die unbefriedigende urheberrechtliche Stellung von Kunstschaffenden hin; insgesamt ein niederschmetternder Befund, der weite Teile der Szene in einen Überlebenskampf zwinge, der von den meisten auf Dauer nicht zu gewinnen ist.
Von der Moderatorin Monika Mokre auf Reaktionen angesprochen, gelobten die Kulturpolitiker*innen an diversen Stellschrauben am bestehenden Fördersystem zu drehen. Eine überzeugende Willenserklärung, damit die soziale Lage von Künstler*innen nachhaltig zu verbessern, konnte ich aus den Wortmeldungen nicht heraushören. Eva Blimlinger stellte bei der Gelegenheit auch gleich die Einschätzung zur wachsenden Depravierung der Kulturszene in Frage. Als Rektorin der Akademie wies sie auf die sechs Kunstuniversitäten hin, die vielen Künstler*innen eine gute Existenzgrundlage bieten würden, sodass von einem generellen Befund nicht gesprochen werden könne.
Im Kulturbetrieb spiegelt sich die wachsende gesellschaftliche Verungleichung
Auf dieser Grundlage kam man um das Ansprechen von „Klassengegensätzen“ im Kulturbetrieb nicht umhin. Immerhin stehen auch und gerade im Kulturbereich einige wenige Nutznießer*innen von staatlich sehr privilegierten Beschäftigungsverhältnissen einer Vielzahl von Kulturschaffenden gegenüber, die auf einem Niveau unterhalb der Mindestsicherung ihr Auskommen finden müssen. Bereits seit der Amtszeit von Claudia Schmied hören wir die Warnung, nur ja keinen Streit um die finanziellen Ressourcen innerhalb der Kulturszene zu führen. Stattdessen gälte es, insgesamt mehr für den Sektor herauszuschlagen (Maria Großbauer verwies in diesem Zusammenhang stolz auf die Leistung von Kunstminister Gernot Blümel, das Kunstbudget im letzten Bundesbudget um rund 2 Mio. Euro erhöht zu haben; unerwähnt blieb aber, dass diese Erhöhung um Peanuts nicht einmal dazu ausgereicht hat, die jährlichen Inflationsraten zu kompensieren und auch die Beschlussfassung eines Budgetpfades, der beabsichtigt, das Kunstbudget in den nächsten Jahren bei rund 81 Mio. Euro (die über die Förderung der Gegenwartskunst hinausgehenden Mittel der Kulturförderung machen insgesamt rund 450 Mio aus und umfassen neben den Bundesmuseen und Bundestheater auch die Kunstuniversitäten) einzufrieren, fand sich nicht in dieser Leistungsbilanz).
Angesichts der Verschärfung der Konkurrenzverhältnisse samt begleitender Entsolidarisierung auch im Kulturbereich war es fast schon erfrischend, wenn Eva Blimlinger mit der Losung auftrat, „nur ja keinen Streit zu vermeiden“ und sich dem Kampf um Ressourcen auch im eigenen Sektor zu stellen. Spätestens bei dieser Gelegenheit ist an die besondere kulturpolitische Ignoranz des vormaligen Kanzleramtsministers Josef Ostermayer zu erinnern, der 2015 die Zusammenlegung der beiden für Kunst- und Kulturförderung zuständigen Sektionen durchgesetzt hat. Er hat damit leichtfertig die kulturpolitische Absicht der 1970er Jahre verabschiedet, mit der Etablierung einer eigenen „Kunstsektion“ eine staatliche Repräsentation der Gegenwartskunst zu ermöglichen. Mit ihr war der Anspruch einer besseren Anwaltschaft gegenüber den großen Tankern zur Verwaltung des kulturellen Erbes, die mehr denn je den Großteil der staatlichen Kulturfördermittel für sich beanspruchen verbunden. Mit diesem Beschluss wurde das freie Kunst- und Kulturschaffen in einer ungleichen Konkurrenzsituation den immer weiter wachsenden Ansprüchen der gesetzlich und vertraglich weit besser abgesicherten Großinstitutionen ausgesetzt. Und es ist zu erwarten, dass sich dieser Widerspruch ohne entsprechende kulturpolitische Gegenwehr mit gleichbleibenden Budgets Jahr für Jahrweiter verschärfen wird.
Mit Rechtsextremisten reden wir nicht!
Bereits zu Beginn der Veranstaltung machte Monika Mokre deutlich, warum sich der FPÖ-Kultursprecher Walter Rosenkranz nicht mit auf dem Podium zeigt. Die Veranstalter wollten nicht mit Rechtsextremen sprechen und diesen kein Forum zur Agitation bieten. So einsichtig diese Argumentation fürs Erste erscheint, so blind kann sie machen für die dramatischen Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen, der auch Kulturpolitik derzeit ausgesetzt ist. Mit dem Andauern der Veranstaltung machte sich – jedenfalls für mich – zunehmend ein „Elephant im Raum“ breit, der all das, was in dieser politischen Diskussion gesprochen wurde, zunehmend zu einem bewussten Akt der Realitätsverweigung verkommen ließ.
Nun leidet die österreichische Kulturpolitik nicht erst seit gestern an einer inhaltlichen Entleerung, deren Exponent*innen glauben, sie zur pragmatischen Handlungsanleitung im Bereich der Kulturbetriebslehre verkürzen zu können. Sie beschränken sich im Wesentlichen darauf, zwischen den staatlichen Akteuren und dem Kunstbetrieb die (Um-)Verteilung von (zumeist finanziellen) Ressourcen zu verhandeln. Sie finden in der rhetorischen Figur von „Strukturen Schaffen“ ihren beredtesten Ausdruck, ohne dabei nochmals Bezug zu nehmen auf den jeweiligen politischen Kontext, in dem sich diese Strukturen bewähren sollen. Es geht dabei ganz offensichtlich um die Aufrechterhaltung eines kollektiven Phantasmas der Selbstreferentialität eines Kulturbetriebs mit staatlichen Mitteln.
So sehr sich dieses auf – in Österreich erst in den 1980er Jahren formalisierte – Autonomieansprüche beziehen mag, so sehr droht der Kulturbetrieb mit einer solchen Haltung der politischen Ignoranz seine gesellschaftspolitische Relevanz zu verlieren. Das mag von konservativen Kräften durchaus gewünscht sein, wenn sie auf eine reaktionäre Grundstimmung im Land bauen können und sich mit einem inhaltlich entleerten Kulturbetrieb, der nur mehr um sich kreist, Kritik an ihrer Politik ersparen. Schon weniger einsichtig ist diese besondere Form der Zurückhaltung bei den fortschrittlichen Kräften, die offenbar nicht mehr in der Lage sind, ihren Erwartungen zu dem, was der Kulturbetrieb für die gesellschaftliche Entwicklung zu leisten vermag, Ausdruck zu geben ohne deswegen gleich in Verdacht zu geraten, dirigistisch einzugreifen und vorzugeben, was Künstler*innen ganz konkret zu tun hätten.
Die fortschrittliche Politik nimmt sich aus dem Spiel: Die Künstler*innen, denen es schlecht geht, sollen an ihrer statt die Utopien liefern, damit es allen gut geht. In der Zwischenzeit erobert eine neue rechte kulturelle Hegemonie die Köpfe und Herzen der Menschen.
In Reaktion vor allem von Eva Blimlingers politischer Bescheidenheit, dass es nicht (mehr) Aufgabe von Politik sei, Perspektiven zur gesellschaftlichen Relevanz des Kulturbetriebs vorzugeben, weil dies dem Kulturbetrieb vorbehalten sei, überkamen mich Zweifel. Da werden auf der einen Seite die völlig ungenügenden Arbeitsbedingungen der Mehrheit der Kunst- und Kulturschaffenden konstatiert, um im selben Augenblick von eben diesen zu fordern, in einem apolitischen Raum (man könnte auch sagen „in einer Käseglocke“) eine umfassende gesellschaftliche Perspektivenbildung zu betreiben.
Das mag als Emanzipationsanspruch derer, die es geschafft haben, gut gemeint sein, als kulturpolitische Direktive muss sie ins Leere gehen; stattdessen steht zu befürchten, dass eine derartig gedemütigte, weil strukturell vernachlässigte Freie Szene ohne jede Anbindung an ein politisches Projekt den Bezug zu den Realitäten immer weiter verliert und in seiner wachsenden Irrelevanz (mit Ausnahme seiner ökonomisch nützlichen Anteile) zunehmend an den gesellschaftlichen Rand wandert. Als solcher könnte er sich schon bald als ein Freiwild für diejenigen politischen Kräfte erweisen, die keinerlei Hemmung zeigen, den Kulturbetrieb für ihre illiberalen, antiaufklärerischen und autoritativen Zwecke zu nutzen. Orbán und seine Entourage lassen grüßen. Immerhin machte sich Thomas Drozda dafür stark, von rechten Kräften angegriffene Künstler*innen öffentlich zu verteidigen.
Kulturpolitik als Demokratiepolitik – Noch nie gehört oder Alle verbleibende Aufmerksamkeit den Produzent*innen
Dass die Kultursprecher*innen der Parlamentsprecher*innen die Zeichen der Zeit nur ungenügend erkannt haben, zeigt sich auch in der eindimensionalen Produktionslastigkeit der Diskussion. Verständlich, wenn anzunehmen ist, dass im Publikum die Produzent*innen überwogen haben. Während sich Norbert Hofer bereits vor der Veranstaltung für einen freien Zugang zu den Musikschulen ausgesprochen hatte, blieb es Maria Großbauer vorbehalten, mit der Forderung nach mehr Musikunterricht in der Volksschule die Rezipient*innen-Seite zumindest zu erwähnen (sie musste sich dafür prompt einen hämischen Kommentar einhandeln, wonach sich ihr Statement dahingehend interpretieren lasse, dass mehr Singen in der Familie zu einer Verbesserung der sozialen Lage der Kulturschaffenden führen würde). Immerhin war die „Förderung der musischen und musikalischen Bildung“ eines der wenigen kulturpolitischen Signale, das die Türkisen im Parlament gesetzt haben.
Auch wenn Airan Berg von der Liste Jetzt sich für eine Ausweitung partizipativer Kunstformen aussprach, zeigte sich anhand der Wortmeldungen ein wundersamer Austausch angebots- und nachfrageorientierter kulturpolitischer Schwerpunktsetzungen. Noch in den 1970er und 1980er Jahren (und nochmals in der Amtszeit von Claudia Schmied 2007 – 2013) war es den linken Kräften ein besonderes Anliegen, (potentielle) Rezipient*innen als wichtige kulturpolitische Akteur*innen wahrzunehmen und mit vielfältigen Maßnahmen der Kulturellen Bildung und Vermittlung aktiv in das Kulturgeschehen einzubeziehen. Heute scheinen diese Intentionen weit ins Lager der politischen Reaktion gerückt zu sein. Ganz offensichtlich haben die Rechten heute ein wesentlich besseres Gespür für die Bedeutung und Beeinflussbarkeit kultureller Stimmungslagen in breiten Teilen der Bevölkerung. Die Nachkommen der Linken beschränken sich hingegen darauf, harmlose Beruhigungspillen an eine zunehmend frustrierte Künstler*innenschaft zu verteilen, ohne dies auch nur mehr im Mindesten mit Ansprüchen der gesellschaftlichen Wirksamkeit für alldiejenigen, die angeblich die Adressat*innen des Angebots des Kulturbetriebs sind, zu verknüpfen.
Und so erlebten wir an diesem Tag eine verhängnisvolle Koinzidenz der Ereignisse, wenn dieser Dialog zwischen rund hundert Politiker*innen und Kulturschaffenden gleichzeitig stattfand mit einem Fernsehinterview mit dem FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, in dem dieser einem tausendfach größeren Publikum die ehrenwerte Rolle der nichtsamtführenden Wiener Stadträtin Ursula Stenzel bei einer Manifestation der Kulturbewegung der Identitären verteidigte. Es erübrigt sich die Frage, wer zurzeit mehr Einfluss auf das öffentliche Klima nimmt.
Zurück zu den pragmatischen Vorschlägen zu kulturpolitischen Maßnahmen, auch wenn jeder Hinweis fehlte, wie diese in den gegebenen Machtverhältnissen auch umgesetzt werden können. Ja, mehr Geld soll es geben, zumindest sollen die Fördersummen an die jährlichen Inflationsraten angepasst werden. Einziger origineller Vorschlag zur Akquisition der Mittel bestand in der Einführung eines „Goethe-Groschens“ (in Österreich eher „Grillparzer-Groschen“ als „Wildgangs-Groschen“), um auch nach Ablauf der Schutzfristen Tantiemen für die Gegenwartskunst lukrieren zu können. Institutionelle Förderwerber sollen dazu verpflichtet werden, die sozialen Standards der Beschäftigung einzuhalten (was prompt zur Bemerkung aus dem Publikum führte, dass die Realisierung unmittelbar zu einem Zusammenbruch des Freie-Szene-Angebotes führen würde). Urheberfragen sollen geklärt, die Verwertungsgesellschaften auf neue Beine gestellt werden, die Leitlinien zur Reform der Bundesmuseen sollen endlich umgesetzt werden …, die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.
„Retrotopia“ ist keine Domäne der Rechten – Auch der Fortschritt sucht seine Zukunft in der Vergangenheit
In dieses Szenario passt gut, dass zentrale gesellschaftliche Herausforderungen wie Digitalisierung und Mediatisierung, Migration und Flucht (Airan Berg hat immerhin gefordert, dass Kulturinstitutionen diverser werden sollen), Ökonomisierung und soziale Ungleichheit nicht einmal in Ansätzen angesprochen worden sind.
Ich gebe zu, dass mich die Veranstaltung eher ratlos zurückgelassen hat: Aufgetreten sind eine Reihe von politischen Funktionären, die nicht bereit oder in der Lage sind, gesellschaftliche Zukunftsvorstellungen zu präsentieren, die dazu angetan wären, einen zunehmend unter Existenzdruck geratenen Sektor halbwegs überzeugend einzuladen, „ein Stück des Weges mitzugehen“ (die einzigen, die das zur Zeit erfolgreich tun, die Rechten, waren ja nicht eingeladen).
Stattdessen gerierten sich die Kultursprecher*innen in erster Linie als politisch desillusionierte Staatsverwalter, deren vorrangige Aufgabe es wäre, sicherzustellen „dass nichts passiert“. Anstatt für ein gemeinsames politisches Projekt zu werben, in dem Kunst und Kultur ihre gesellschaftliche Kraft zu entfalten vermögen, begnügten sie sich mit Vorschlägen, um irgendwie weiterzuwursteln. Dass angesichts dieser Form der grassierenden Politikmüdigkeit in einem zunehmend neoliberalen Kima längst der Markt die eigentliche Macht auch im Kulturbereich übernommen hat, blieb da gleich ganz unerwähnt.
Der Veranstaltungsort „Das Depot“ feiert in wenigen Tagen sein 30jähriges Bestehen. So könnte man die Veranstaltung als eine vorgezogene Feier zur „Musealisierung der Freien Szene“ interpretieren (nichts macht diese Einschätzung anschaulicher als der Blick auf die Website des Depot, die das „Retrotopia“ (Zygmunt Baumann) von einst fortschrittlichen Kräften auf den Punkt bringt). Und wir nahmen Teil an einem politischen Versuch, eine einst wirksame gesellschaftliche Kraft kulturpolitisch an ihr Ende zu bringen. Die Apologet*innen der „Kulturnation“ wird es freuen.
Den Menschen außerhalb des Nostalgieortes „Depot“ kann es wurscht sein, sie haben andere Sorgen, und die werden zurzeit vor allem von den Politiker*innen bedient, die nicht eingeladen waren.
Aber schaut es Euch selbst an: https://www.youtube.com/watch?v=Q8tvGqXx7SM&feature=youtu.be
Bild: ©
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