Über das (drohende) Ende der Demokratie, wie wir sie kennen
Täglich werden wir aufs Neue darauf gestoßen, dass den liberal-demokratischen Prinzipien der europäischen Nachkriegsordnung ihre Grundlagen abhandenkommen. Immer bedrohlicher werden die Zeichen eines grundstürzenden Systemwechsels. Dieser lässt die ursprüngliche Idee eines gemeinsamen Friedensprojektes Europa auf demokratischer Grundlage, das nach 1989 mit dem Zusammenbruch des Ostblocks noch einmal einen positiven Schub erfahren hat, zunehmend verblassen. Sei es der scheinbar unaufhaltsame Aufstieg oppositionell rechtpopulistischer Kräfte, die kein Problem darin sehen, sich – wie zuletzt in Chemnitz – mit Rechtsradikalen zusammen zu tun, sei es das Ausscheren ganzer Regierungen aus der europäischen Wertegemeinschaft am Beispiel der Regierung Viktor Orbans, sei es der kollektive Eindruck, die Interessen sozial Schwacher fänden immer weniger Eingang in die politischen Entscheidungsprozesse oder sei es die Macht vor allem US-basierter multinationaler Digitalkonzerne, die mittlerweile in der Lage scheinen, jede gegen ihre Interessen gerichtete politische Entscheidungen fast beliebig auszuhebeln. Die Abkehr von demokratischen Errungenschaften wird täglich greifbarer. Schon die kommenden Europawahlen im Frühjahr 2019 könnten zeigen, dass nichts mehr so ist wie es einmal war.
Diese fatalen Zeiterscheinungen, so könnte man meinen, führten quasi automatisch zu einer neuen Hochkonjunktur Politischer Bildung. Immerhin spricht fast alles dafür, dass das politische Bewusstsein der heute jungen Menschen wesentlich darüber bestimmen wird, ob dem demokratischen Gefüge noch einmal genügend Leben eingehaucht werden kann. Es wird vor allem an ihnen liegen, das demokratische Projekt auch in Zukunft als so erstrebenswert erscheinen zu lassen, dass es sich lohnt, sich dafür zu engagieren.
Politische Bildung hat im Moment der politischen Fehlentwicklung nichts entgegen zu setzen; mehr, sie führt – zumindest in Österreich ein bestenfalls alibihaftes Schattendasein.
Ein kurzer Blick in das bestehende Angebot Politischer Bildung in Österreich zeigt, dass von diesbezüglichen Prioritätensetzungen keine Rede sein kann. In der aktuellen Regierungserklärung der türkis(schwarz)-blauen Bundesregierung kommt politische Bildung hinter dutzenden anderen bildungspolitischen Handlungsanleitungen gerade einmal vor und beschränkt sich auf eine pragmatische Maßnahme zur „Erweiterung von Geschichte und Sozialkunde durch „Staatskunde und politische Bildung“ ab der 5. Schulstufe zur Vermittlung unserer staatlichen Grundwerte und der rechtsstaatlichen Prinzipien“. Als Serviceeinrichtung des Bildungsministeriums beschränkt sich das Zentrum polis – Politik Lernen in der Schule auf die Durchführung einiger weniger Projekte; das Demokratiezentrum konzentriert sich in enger Anbindung an das Institut für Zeitgeschichte an der Universität Wien vor allem auf die Erstellung von Studien und Materialen und die Österreichische Gesellschaft für politische Bildung engagiert sich vorrangig in der Erwachsenenbildung. Es fehlen konkrete Zahlen; aber auch ohne diese ist davon auszugehen, dass nur ein verschwindend geringer Teil der österreichischen Schulen und außerschulischen Bildungs- bzw. Jugendeinrichtungen von diesen freiwilligen Angeboten Gebrauch macht; als fachübergreifendes Unterrichtsprinzip fristet Politische Bildung schon aus Gründen der mangelnden Qualifikation der unterrichtenden Lehrkräfte bestenfalls ein Schattendasein. Das bedeutet aber, dass junge Menschen in Österreich in bestenfalls rudimentärer Weise auf die gegenwärtigen demokratischen Herausforderungen vorbereitet werden.
Auch in Deutschland hat Politische Bildung trotz manch gutem Willen den aktuellen politischen Trends nach Rechtsaußen nichts entgegen zu setzen.
Dank der Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) ist es in Deutschland gelungen, Politische Bildung breiter zu verankern. Für alle, die sich für Politik interessieren, erweist sich die bpb als eine wahre Fundgrube, in der alle politikrelevanten Themen gut aufbereitet und so auch für den Unterricht nutzbar gemacht worden sind. Auch wenn mit der bpb das Angebot Politischer Bildung wesentlich fundierter als in Österreich aufgestellt erscheint, ist es – jedenfalls bislang doch nicht gelungen, der grassierenden Demokratieverdrossenheit nicht nur im Osten Deutschland Einhalt zu gebieten. Da sind offenbar stärkere Kräfte am Werk, die drauf und dran sind, bislang gehegte Hoffnungen auf eine auf
„selbständigem Urteil und sozialem Verständnis beruhende, dem politischen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossene, am Wirtschafts- und Kulturleben Österreichs, Europas und der Welt Anteil nehmende und Freiheits- und Friedensliebe fördernde“ (Grundsatzerlass Politische Bildung)
Bildung für immer mehr Menschen zunichte zu machen.
Wie begegnet man einem politischen Gegner, der sich in den eigenen Entscheidungsgremien festgesetzt hat?
Zumindest einige der Gründe für das Scheitern mag auch in den eigenen Reihen zu suchen sein, wenn z.B. Mitarbeiter*innen des bpb dem Phänomen AfD weitgehend fassungslos gegenüberstehen. Immerhin finden sich in dieser Legislaturperiode Befürworter*innen eines umfassenden Systemwechsels zum ersten Mal im Deutschen Bundestag und damit auch in den Aufsichtsgremien der bpb. Dieser Umstand, so meine Gesprächspartner*innen in der bpb, führe zu einer unvorbereiteten Zerrissenheit, wonach es einerseits gälte, die neuen Vorgaben einer staatlichen Autorität zu antizipieren und anderseits die erreichten Standards Politischer Bildung nicht zu verraten. In diesem Widerspruch kommt zuallererst zum Ausdruck, dass für die meisten Vertreter*innen Politischer Bildung die erkämpften demokratischen Errungenschaften bis zum unerwarteten Aufstieg populistischer Kräfte als einfach gegeben und so nicht mehr hinterfragbar angesehen wurden. Nunmehr werden sie unsanft darauf gestoßen werden, dass sie im Angesicht einer politisch zunehmend einflussreichen Fundamentalopposition verlernt haben, dass Demokratie niemals einfach gegeben ist sondern auf immer neue Weise gegen mannigfachen Widerstand erkämpft und errungen werden will.
Politische Bildung in Zeiten von „Brave New Worlds“
Umso erfreulicher erscheint da die Tatsache, dass sich in diesen Tagen mit starker Unterstützung der bpb das Netzwerk NECE – Networking European Citizen Education zu einer Konferenz in Marseille zusammengefunden hat, um unter dem Titel „Brave New Worlds?!“ Zukunftsfragen von Demokratie und Politischer Bildung zu verhandeln. Mehr als 400 Expert*innen und Praktiker*innen aus über 40 Ländern fanden sich im Kulturzentrum Friche de belle de mai auf dem Gelände einer ehemaligen Tabakfabrik ein, um sich unter Nutzung vielfältiger Formate auszutauschen, vor allem aber, um sich Mut zu machen in der Hoffnung, dass der Kampf noch nicht verloren ist.
Dabei war das Tagungsprogramm so angelegt, dass die Teilnehmer*innen nicht dazu verführt wurden, sich mit dem einen oder anderen methodischen Hinweis zu begnügen. Vielmehr waren sie eingeladen, sich auf eine gemeinsame Diskussion zu einer umfassenderen Einschätzung der aktuellen und auf uns zukommenden gesellschaftlichen Verhältnisse einzulassen und erst auf dieser Basis neue Modelle der Bildung und des Engagements zu verhandeln. Schon in seiner Begrüßung verwies der Präsident der bpb Thomas Krüger in der Handhabung obiger Widersprüche auf ein Brecht-Zitat, wonach Politische Bildung in einer zunehmend komplex gewordenen Welt ein „einfaches Ding sei, das schwer zu machen ist“.
Wir sollten nicht vergessen, dass sich der Aufstieg populistischer Kräfte der Mitwirkung der etablierten politischen Parteien verdankt.
In den anschließenden Diskussionen wurde naturgemäß dem Phänomen des „Populismus“ ein großer Stellenwert eingeräumt. Entlang der Thesen des Politologen Jan-Werner Müller ging es auch um die Infragestellung eigener Vorurteile, etwa wenn er nachwies, dass der Zuwachs populistischer Kräfte kein quasi naturwüchsiges Phänomen darstellt sondern diese in den meisten Fällen ihre Wirksamkeit nur mit Hilfe von etablierten politischen Kräfte zu entfalten vermögen (z.B. der konservativen Parteien in den USA, UK oder auch in Österreich). Den demokratischen Kräften gelinge es bei wachsender Komplexität immer weniger, ebenso einfache wie kämpferische Antworten zu geben. Dies führe zu einem neuen „Kulturkampf“ in der der die schiere Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Kultur die politische Orientierungslosigkeit zumindest temporär zu ersetzen vermag. Darin würde der Wiederbelebung von „nationaler Ehre“ und „Stolz“ ein größerer Wert beigemessen als der Kampf um „soziale Verbesserungen“. Zudem vermutet Müller unter dem Dach des Populismus durchaus unterschiedliche Interessenslagen von Rechtsradikalen, Modernisierungsverlierer*innen und Ausländerfeind*innen, die sich sozial nur schwer auf einen Nenner bringen ließen. Gemeinsam aber sei ihnen eine Haltung, die sie nicht nur zu den „real people“ zusammenschweißt sondern sie Zuschreibungen wie „barbarians“, „adventurous“ oder „outrageous“ als erstrebenswert empfinden ließe.
Breiten Raum nahm die zunehmende emotionale Aufladung von Politik ein. An der Frage, ob dem wirklich so ist, begann ich spätestens nach einem Griff ins Bücherregal zu zweifeln, wo mich der Essay über Österreich von Josef Haslinger „Politik der Gefühle“ daran erinnert hat, dass es sich hierbei möglicherweise um kein neues Phänomen handelt. Neu ist in jedem Fall, dass diese Gefühlseruptionen heute vor allem in den sozialen Medien eine neue Qualität der politischen Wirkung entfalten, wenn sich deren Autor*innen einer wie immer gearteten Kontrolle von oben weitgehend enthoben wissen (dass zuletzt im Zusammenhang mit ausländerfeindlichen Hasspostings unbedingte Freiheitsstrafen ausgesprochen worden sind, hat allseits Überraschung ausgelöst).
Die neue, alles überragende Währung „Aufmerksamkeit“
Verstehbar wird diese Dynamik durch zumindest drei Effekte: Da ist zum einen die neue Währung „Aufmerksamkeit“, die von allen Diskutant*innen als ganz entscheidend angesehen wurde. Da „Aufmerksamkeit“ keine unbegrenzte Ressource darstellt, muss um sie mit tendenziell immer stärkeren Mitteln gekämpft werden. Dazu eignen sich am besten emotional hoch aufgeladene Botschaften, die – in den sozialen Medien für alle „Freunde“ sofort verfügbar – in der Beimengung von Kampf, Furcht, Bedrohung am besten Aufmerksamkeit zu binden verstehen. Die sozialen Medien stehen aber noch für einen weiteren Effekt, der für eine tendenzielle „Ent-Elitisierung“ steht. Da mögen Populist*innen noch so sehr gegen eine selbstreferenzielle „Hautevolee“ (Norbert Hofer) auftreten, deren gesellschaftlicher Einfluss sinkt mit der universellen Verfügbarkeit von Information aller Art, die potentiell alle Nutzer*innen in den Status des/der selbsternannten Expert*in bringt. Als solche arrogieren sie für sich die Freiheit, endlich möglichst ungefiltert das zum Ausdruck zu bringen, was er oder sie immer schon sagen wollte. Eng damit zusammenhängend ergibt sich ein immer weiter gehender Autoritätsverlust der fachlichen ebenso wie politischen Eliten, die mit ihrem spezifischen Spezialwissen immer weniger in der Lage sind, den öffentlichen Diskurs zu steuern (daran erinnert u.a. Didier Eribon in seinen Erinnerungen „Rückkehr nach Reims“, wenn er darauf verweist, dass die Arbeiterschaft der 1950er Jahre durchaus nicht frei von antisemitischen oder ausländerfeindlichen Ressentiments war, deren haltlose Artikulation aber selbst am Stammtisch durch die Autorität der politischen Funktionäre unterbunden werden konnte).
Das aber bedeutet, dass mit den sozialen Medien ein ungeheuer großer neuer öffentlicher Raum aufgegangen ist, der – bislang nur sehr marginal politisch eingehegt – auf einer Form der politischen Partizipation beruht, die in ihrer Dominanz der sanktionslosen Gefühlsdominanz die Regeln einer vernünftigen Interessensausverhandlung zunehmend übersteigt. Zugleich erzwingen sie eine zunehmende Zersplitterung der Nutzer*innen in unvermittelte „Echokammern“, in denen – ganz im Gegensatz zur ursprünglichen Idee des öffentlichen Raums – keine argumentativ begründeten Kontroversen stattfinden sondern emotional aufgeladene, sich gegenseitig verstärkende Gruppenbestätigungen der einen gegen die anderen ohne hinreichende Verfahren der Kompromissbildung. Es war zuletzt der Historiker und Bestsellerautor Yuval Noah Harari, der in seinem Beitrag „Why technology favours tyranny“ die politischen Auswirkungen digitaler Technologien auf die Demokratieentwicklung auf ernüchternde Weise analysiert hat.
Der Konflikt um die Unabhängigkeit Kataloniens zeigt unschwer, dass ein „Europa der Regionen“ noch fern ist.
Persönlich besonders interessant habe ich den Beitrag des Madrider Soziologen Fernando Vallespin gefunden, der sich in einer Analyse des Konflikts zwischen Katalonien und dem Rest Spaniens versucht hat. Immerhin werden auch in diesem Fall – historisch zwar ableitbare – in Wirklichkeit aber vor allem emotional hoch aufgeladene kulturelle Differenzen politisiert, die mittlerweile tiefe Wunden in das unmittelbare Zusammenleben von Familien und Freundschaften reißen. So wenig Vallespin vorauszusagen vermochte, wie der Konflikt ausgehen würde, so sehr machte er mir deutlich, dass jede Statusveränderung Kataloniens gravierende Auswirkungen auf ganz Spanien haben würde. Und mir wurde zum ersten Mal deutlich, was die von manchen fortschrittlichen Kräften wie Ulrike Guérot geforderte Überwindung von Nationalstaatlichkeit zugunsten eines „Europa der Regionen“ wirklich bedeuten würde, wenn sich bereits dieser vergleichsweise kleine Konflikt als nahezu unlösbar erweist (Es steht auf einem anderen Blatt, dass Ulrike Guérot mit ihrem Konzept „Republik Europa“ eine Vertiefung der Demokratisierung der Union fordert – eine solche wurde im Rahmen der NECE-Konferenz aber nicht diskutiert). Zumindest in Bezug auf Barcelona könnte das Heil von außen kommen, wenn der in Katalonien geborene ehemalige französische Ministerpräsident Manuel Valls demnächst für die Wahlen zum Bürgermeister Barcelonas antritt.
Wie aus Verlust Engagement werden kann.
In die Erinnerung aller Teilnehmer*innen wird sich der Auftritt von Latifa Ibn Ziaten, einer marokkanischen Einwanderin, die ihren Sohn bei einem Anschlag verlor, tief eingraben. Kurz nach seiner Ermordung besuchte sie den Wohnort des Attentäters und stieß auf eine Gruppe Jugendlicher, die den Attentäter als Held und Märtyrer des Islams bejubelten. In der unmittelbaren Begegnung mit der Mutter, von der sie erfuhren, dass ihr Held ihren Sohn ermordet hatte, wurden ihnen die Konsequenzen bewusst und am Ende entschuldigten sie sich. Durch diese Begegnung angeregt, beschloss sie 2012, die Association Imad Ibn Ziaten pour la Jeunesse et la Paix (dt.: Jugend- und Friedenswerk Imad Ibn Ziaten) zu gründen. Der Verein soll Jugendlichen in Schwierigkeiten die religiöse Neutralität des Staates und den Dialog zwischen den Religionen näherbringen.
Wie können wir der zunehmenden Kulturalisierung von Politik begegnen?
Während die letzten Treffen von NECE sich noch stärker an Fragen der Vermittlung von Staatskunde im engeren Sinn orientiert haben, so wies die diesjährige Austragung auf eine mögliche engere Verbindung von Politischer und Kultureller Bildung hin. Immerhin war die Veranstaltung – die wohl nicht unzufällig in einem Kulturzentrum stattfand – eingewoben in eine Reihe von Kulturevents bzw. der Eröffnung von des MIMI-Festivals (Mouvement International des Musiques Innovatrices).
Ganz offensichtlich war diese Entscheidung dem Befund einer immer stärkeren Emotionalisierung bzw. Kulturalisierung von Politik geschuldet. Um dieser besser als bisher zu begegnen sehen es NECE, bpb und viele andere Partnerorganisationen jetzt als eine besondere Chance an, den Kampf um die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung von Demokratie nicht mehr auf schulisch vermittelte Staatskunde zu beschränken sondern Politische Bildung mit spezifisch künstlerisch-kulturellen Mitteln „in die Straßen“ zu tragen und damit noch einmal zu versuchen, junge Menschen ganz unmittelbar anzusprechen und für die Sache zu begeistern.
Politische Bildung mit künstlerischen Mitteln in die Straßen tragen.
Theoretisch hat sich die bpb bereits eingehend mit Fragen der Kulturellen Bildung beschäftigt und dazu ein eigenes Dossier erstellt. Aber auch ganz praktisch hat die Organisation etwa dem Medium Film besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Zudem findet dieses Jahr bereits zum zehnten Mal ein Festival „Politik im Freien Theater“ statt. EDUCULT ist in diesem Zusammenhang und ganz im Sinn der NECE-Veranstaltung beauftragt, entlang einer Begleitevaluierung herauszufinden „ob freie darstellende Künste zu einer reflexiven Positionierung von Individuen in gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen beitragen können“. Es gilt herauszuarbeiten, ob und wenn ja, unter welchen Bedingungen und wie Theater als Format der politischen Bildung wirksam werden und sich positionieren kann.“.
Zu erwähnen ist, dass auch KulturKontakt Austria an einem, Fragen der europäischen Politischen Bildung berührenden Projekt „Europe in Perspective: Internationale Kooperationen in der Kulturellen Bildung“ eingebunden ist.
„Liegt nicht der Reiz der Zukunft darin, dass wir mit allem rechnen müssen“ (Mephisto) – Es ist die Kunst, die die Politik daran erinnert, dass immer alles möglich ist.
Insgesamt habe ich die Veranstaltung als sehr motivierend im Sinne eines lustvollen „Trotzdem“ oder „Gerade deswegen“ empfunden. Ja, wir müssen uns auf alles gefasst machen; aber es kann – solange sich diejenigen, denen die Weiterentwicklung der Demokratie ein Anliegen ist, nicht in die Defensive drängen lassen – auch noch alles passieren.
Wesentlich zur positiven Grundstimmung beigetragen hat der Austragungsort Marseille als einer Stadt am Mittelmeer, die all das, was uns Populisten im Norden Europas als naturgegebene Trennung zwischen Kulturen einzureden versuchen, in unmittelbarer Anschauung falsifiziert. Stattdessen bin ich eingetaucht in ein Europa am und rund um das „Mare Nostrum“, das den Austausch und das Neben- und Miteinander (und wohl auch Gegeneinander) von Menschen auf der einen und auf der anderen Seite des Wassers zur eigentlichen Selbstverständlichkeit erklärt.
Kompetenzen für eine demokratische Kultur in Europa
In diesen Zusammenhang passt, dass sich jüngst die deutsche Mercator-Stiftung mit ausgewählten Expert*innen im Rahmen des Forum Alpbach zu einem möglichen Schwerpunkt „European Citizenship“ verständigt hat. Dazu habe ich ein erstes Positionspapier „Stärkung des Selbstverständnisses einer europäischen Bürger*innenschaft“ erarbeitet. Besondere Berücksichtigung fand in den Diskussionen in Alpbach das jüngst fertiggestellte Material des Europarates „Kompetenzen für eine demokratische Kultur – Gleichberechtigtes Zusammenleben in kulturell unterschiedlichen demokratischen Gesellschaften“, das sich gut als Medium für Politische Bildung eignet.
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