Warum ich mich für Kulturpolitik interessiere
Vieles im Leben ist Zufall. Und doch spielt die soziale/familiäre Herkunft eine große Rolle in der Ausgestaltung unserer Lebensentwürfe. Dazu kommen all die Erfahrungen, die wir im Laufe des Lebens machen und uns prägen. Um uns irgendwann auf ein Thema festzulegen, das zu einem Teil von uns wird. In meinem Fall ist es die Kulturpolitik, auf die ich irgendwann gestoßen bin und die mich danach nicht mehr losgelassen hat. In einer persönlichen Spurensuche möchte ich besser draufkommen, was die Gründe dafür sein mögen und warum ich bis heute damit zu keinem Ende gekommen bin.
Ich bin mit Musik groß geworden. Mein Vater war Musiker. Schon früh machte er mich mit der Trompete vertraut. Weil aber im Wohnzimmer ein Pianino stand, machte ich mich bald auf den langen Weg durch eine, mein Ungenügen bestätigende und fremde Klavierliteratur; viel lieber hörte ich bei meinen Großeltern im Schrebergarten die Stimmen von Caterina Valente und Peter Alexander, die aus dem Radio kamen. Alle anderen Kunstformen kamen nur ganz am Rande vor. Es schien mir, als würde es in meiner Familie zum guten Ton gehören, n i c h t zeichnen zu können; jedenfalls kann ich mich an keine Besuche in Museen, Ausstellungen, Konzerten oder Theatern mit meinen Eltern erinnern.
Zu dieser selektiven Wahrnehmung des kulturellen Angebots gehörte auch ein fast schon ostentatives Desinteresse an Politik. Als Nutznießer*innen des Wirtschaftswunders verspürten meine Eltern wenig Bedarf, sich gesellschaftlich zu verorten. Daran änderte auch der Umstand kaum etwas, dass meine Stiefmutter unmittelbar nach dem Ende des Krieges eine Stelle als Sekretärin bei der Staatspolizei fand, die mit Oswald Peterlunger an der Spitze als “Tummelplatz für die Kommunisten” (Innenminister Oskar Helmer) eingeschätzt wurde. Über Politik wurde zu Hause nicht gesprochen. Hängengeblieben sind bei mir allenfalls Fernseh-Auftritte des am Stock gehenden Bundeskanzlers Alfons Gorbach (1961 – 1964), von dem ich mich als eine strenge und doch wegen seiner Behinderung bemitleidenswerte Vaterfigur angesprochen fühlte. Als derart unpolitisch Erzogener bekam ich auch von den Kulturkämpfen rund um 1968 kaum etwas mit. Der einzige Anknüpfungspunkt war ein mir äußerst verwegen erscheinender Schulkollege, den ich einmal fragte, ob er mir LSD besorgen könnte. In der Zwischenzeit verzog ich mich in die religiöse Ecke, beschäftigte mich mit Orgelspiel in der Kirche und trat in einen Ashram ein, der von der Frau des Malers Rudolf Raimund Ballabene betrieben wurde. Weltflucht als Lebensprinzip. Als mich aber Frau Ballabene fälschlicherweise eines Vergehens beschuldigte, konnte ich meine anti-autoritäre Grundhaltung nicht mehr zurückhalten und verließ die Gruppe im Zorn.
Den Blogbeitrag in voller Länge und weitere Publikationen von Michael Wimmer finden Sie auf Michael Wimmers Kulturservice!
Hier geht’s direkt zum Originaltext!
Bild: ©Michael Wimmer
LETZTE BEITRÄGE
- Hilfe, die Retter nahen
- Kunst, Kultur und Grenzen – Warum Grenzen für ein lebendiges Zusammenleben notwendig sind
- Alles neu macht der Mai – Eine andere Zukunft des Kulturbetriebs ist möglich
- Hype um Chat GPT
- Die Autonomie der Kunst
- Liberale Bürgerlichkeit, hedonistische Massendemokratie oder antidemokratischer Autoritarismus
- Dürfen die das?
- Kulturpolitik in Zeiten des Krieges
- „Das Einzige, was uns zur Zeit hilft, das sind Waffen und Munition“
- Stehen wir am Beginn eines partizipativen Zeitalters? (Miessen)